Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das größte und teuerste astronomische Instrument, das jemals gestartet wurde, daher ist es umso wichtiger, dass es jetzt wie erwartet funktioniert. Aber genau das ist der Fall. Schon seine ersten Aufnahmen setzten neue Maßstäbe, darunter die tiefste Infrarotansicht des Weltraums, Aufzeichnungen der ältesten Galaxien bis heute und die erste Entdeckung von Kohlendioxid auf einem extrasolaren Planeten. Die vier Webb-Bilder von HIP 65426b mit seinem Stern. © NASA/ESA/CSA, A Carter (UCSC), ERS 1386-Team und A Pagan (STScI)

Neuer Gasriese am Horizont

Jetzt gibt es eine weitere Premiere: Das James-Webb-Teleskop hat das erste Porträt eines Exoplaneten erstellt. „Dies ist ein transformativer Moment, nicht nur für Webb, sondern für die Astronomie im Allgemeinen“, sagte die Astronomin Sasha Hinckley von der University of Exeter, die die Beobachtung leitete. Der abgebildete Planet, HIP 65426b, befindet sich etwa 385 Lichtjahre von der Erde entfernt in der Scorpius-Centaurus-Assoziation, die von jungen Sternen dominiert wird. Der Planet ist auch nur 10 bis 15 Millionen Jahre alt. Der 2017 vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte entdeckte Exoplanet ist etwa eineinhalb Mal so groß wie Jupiter und sechs- bis zwölfmal schwerer. Die ersten Spektraldaten zeigten bereits, dass es sich um einen Gasplaneten mit Wasserdampf und rötlichen Wolken in seiner Atmosphäre handelt. Seine Oberflächentemperaturen dürften zwischen 1.000 und 1.300 Grad liegen. HIP 65426b umkreist seinen Stern in einem weiten Abstand von fast 100 AE – was ihn besonders für die direkte Abbildung geeignet machte.

10.000 Mal schwächer als sein Stern

Für die Porträtbilder zielte das Webb-Teleskop mit zwei seiner optischen Instrumente, der Near Infrared Camera (NIRCam) und dem Mid-Infrared Instrument (MIRI), auf den Exoplaneten. Beide haben Koronographen – winzige Verdunkelungsmasken, die den hellen Stern selektiv blockieren, damit er das schwache Licht seines Planeten nicht überschattet. Denn der Planet HIP 65426b ist im nahen Infrarot etwa 10.000 Mal schwächer als sein Stern und im mittleren Infrarot mehrere tausend Mal schwächer. „Es war beeindruckend, wie gut die Webb-Koronagrafen in diesen Bildern das Licht des Wirtssterns blockieren konnten“, sagt Hinkley. Das Teleskop stellte den Planeten mit vier verschiedenen Filtern dar. In jedem dieser Infrarotkanäle erscheint der Gasriese als leicht unterschiedliche Form eines Lichtflecks. „Diese Bilder zu bekommen, ist wie das Finden eines Schatzes“, sagt die Astronomin Aarynn Carter von der University of California, Santa Cruz, die für die Analyse der Bilder verantwortlich war.

Neue Ideen für fremde Welten

Diese Bilder sind nicht die ersten direkten Bilder von Exoplaneten: Bereits 2008 lieferte das Hubble-Weltraumteleskop das erste Foto eines Exoplaneten im sichtbaren Licht. 2021 gelang es den Infrarotteleskopen am WM Keck Observatory auf Hawaii dann, den bisher jüngsten und kleinsten extrasolaren neuen Planeten direkt abzubilden. Aber hochauflösende Infrarotbilder des Webb-Teleskops eröffnen jetzt neue Möglichkeiten, noch mehr über solch ferne Welten zu erfahren. „Wir haben gerade erst begonnen: Es wird noch viele weitere Bilder von Exoplaneten geben, die unser Verständnis ihrer Physik, Chemie und Entstehung verbessern werden“, sagt Carter. „Wir könnten sogar Exoplaneten entdecken, die noch unbekannt sind.“ Sie: NASA 2. September 2022 – Nadja Podbregar